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Kaffee-Produktion in Burundi · Teil 1: Ertragssituation

Ertragssituation

Der Ertrag von Roh-Kaffee-Bohnen (green coffee) aus geernteten Kaffee-Kirschen ist in Burundi im zurückliegenden 35-Jahre-Zeitraum stetig sinkend. Von 1982 – 2017 wurden im Durchschnitt knapp 20.000 Tonnen Roh-Kaffee pro Jahr produziert. In diesem Zeitraum gab es zwar Phasen mit relativ stabilen jährlichen Ertragsmengen von 35.000 bis hin zu rund 42.000 Tonnen (während 1985 – 1994) und mit starken Schwankungen (2003 – 2007) zwischen 35.000 bis runter auf 7.000 Tonnen, aber die in diversen Entwicklungsprogrammen (z.B. Burundi Agribusiness Programm, BAP) gesteckten Ziele der zurückliegenden zehn Jahre, wurden bis dato nicht erreicht.

Der Präsident des nationalen Verbandes der Kaffee-Bauern-Verbände (CNAC-MURIMA W’ISANGI), Joseph Nitirabampa, formulierte auf einem Verbandstreffen Ende Dezember 2016(1) das ambitionierte Ziel einer jährlichen Ertragsmenge von 30.000 Tonnen jeweils für die kommenden fünf Jahre, verkündete dann aber während der laufenden Ernte-Saison 2017 und 2018, dass nur etwas mehr als 15.000 Tonnen erwartet werden. In der Ernte-Saison 2016 betrug die Ertragsmenge 12.000 Tonnen.
Gegenüber der CNAC-Prognose für 2018 allerdings, fiel die Ertragsmenge dann doch höher aus. Laut Presseerklärung des burundischen Landwirtschaftsministers Déo-Guide Rurema Ende Juli 2018, werden aus einem Ernte-Volumen von 126.171 Tonnen an Kaffee-Kirschen ca. 20.000 Tonnen Roh-Kaffee Ertrag erwartet.

UNO und Weltbank gehen seit geraumer Zeit in diversen Studien davon aus, dass unter agrarisch und produktionstechnisch deutlich verbesserten Bedingungen auf den ca. 70.000 Hektar Anbaufläche für die Kaffeepflanzen, 50.000 – 60.000 Tonnen Roh-Kaffee erzeugt werden könnten. Im aktuellen Jahr konnte immerhin eine Steigerung um ca. 29% gegenüber dem Durchschnitt der vier zurückliegenden Ernte-Jahre erreicht werden und somit ist der Ertrag 2018 mit dem Durchschnitt des oben genannten 35-Jahre-Zeitraum identisch – 20.000 Tonnen Roh-Kaffee. Bis zu einer angestrebten Verdreifachung der jährlichen Ertragsmenge ist es allerdings noch ein weiter Weg und vor allem eine Frage der Zeit. Bisher dauern die Entwicklungsschritte in einem der ärmsten Länder der Welt zu lange. Im Kaffee-Sektor betrifft dies insbesondere ein erkennbares Missverhältnis zwischen innerstaatlichen Wirtschaftsreformen und Strukturen, externen Finanz-Hilfen und Förder-Programmen der so genannten Geber-Länder und der landwirtschaftlichen Produktivität. Die teilweise großen Anstrengungen in vielen Bereichen der burundischen Kaffee-Wirtschaft im Zuge der zurückliegenden Dekade schlagen sich am Ende des Tages nicht erkennbar als prosperierender Erfolg nieder. Die Potentiale sind da – die Umsetzungserfolge blieben bisher weitestgehend aus.

Landwirtschaftliche Grundlagen

In zahlreich vorliegenden Wirtschaftsstudien und wissenschaftlichen Arbeiten(2) werden mehr oder weniger identische Werte bezüglich der Anbaufläche, des Kaffeepflanzenbestandes, der im Kaffee-Sektor tätigen Menschen u.ä.m. genannt, allerdings mit einigen deutlichen Schwankungsbreiten. Dies dürfte in erster Linie der Tatsache geschuldet sein, dass Burundi in administrativen, statistischen, organisatorischen und auch digital-technischen Bereichen über keine lange Tradition, Kontinuität und Praxiserfahrung verfügt. Insgesamt liegt im gesamten Datenwesen oft nur unvollständiges oder kein exaktes Erfassungs- und Auswertungsmaterial vor. Angaben und Zahlenwerte sind deshalb teilweise Schätzungen oder aktuell abgeleitete Hochrechnungen von bestehenden Daten älteren Ursprungs.

Besonders die in diversen Publikationen genannten Zahlen der in der Kaffee-Produktion beschäftigten Menschen sowie die verfügbare bzw. potentiell nutzbare und dann tatsächlich genutzte Anbaufläche sowie Angaben über den Bestand der Ertrag bringenden Kaffee-Sträucher sind sehr volatil.
Grundsätzlich wird von einer, für den Kaffee-Anbau zur Verfügung stehenden (und auch genutzten Fläche), von 70.000 Hektar ausgegangen. In allen 16 Provinzen Burundis wird Kaffee angebaut, wenn auch mit unterschiedlichen Verteilungen der Kaffee-Sträucher Anzahl. Es gibt Schwerpunkt-Regionen und Provinzen mit weniger Anbaufläche, je nach Höhenlage und diversen infrastrukturellen Bedingungen.

Zwischen 600.000 – 800.000 Haushalte (in manchen Berichten werden bis zu 1,2 Mio. genannt) sind im Kaffee-Sektor tätig, heißt es und jeder dieser Haushalte bewirtschaftet im Durchschnitt 150 – 250 Kaffee-Sträucher. Das Verständnisproblem beginnt hier bereits mit dem Begriff des Haushaltes bzw. auch Farmer-Familien oder Familienbetrieb genannt. Relativ unklar ist, wie viele Einzelpersonen pro Haushalt in welchem Umfang während einer Saison in der Kaffee-Produktion tätig sind. Gemäß Erhebungen des Staates Burundi und weiterer Studien1 dürften es derzeit geschätzte 700.000 Haushalte / Farmer-Familien sein, die im Durchschnitt jeweils 200 Kaffee-Sträucher besitzen / bewirtschaften. Gut 45% der burundischen Gesamtbevölkerung (12,4 Mio.) arbeiten angeblich im Kaffee-Sektor, ca. 5,6 Mio. Menschen.

Modellrechnung Ertragsmengen

Multipliziert man die Mittelwerte (700.000 Farmer-Familien x 200 Kaffee-Sträucher) so ergibt sich ein Gesamtaufkommen von 140 Mio. Kaffee-Sträuchern im Bestand auf 70.000 Hektar (UNO, Weltbank und USAID schätzen in ihren Publikationen teilweise bis zu rund 200 Mio. Kaffee-Sträucher.).
Hier stellt sich zunächst die Frage an die Produktivität. Wie viele Kaffee-Sträucher mit welchem Ertrag sind zur Erzielung eines bestimmten Ernte-Ertrages nötig? Und wie viele Personen sind an der Ernte und Weiterverarbeitung der Kaffee-Kirschen mit welchem Arbeitsaufwand beteiligt?

Nimmt man z.B. an, dass ein Kaffee-Strauch (von 140 Mio. Sträuchern) im Durchschnitt nur 1 Kg Kaffee-Kirschen pro Ernte-Saison abwirft, ergäbe sich ein Ertrag von 140.000 Tonnen Kaffee-Kirschen bzw. 28.000 Tonnen Roh-Kaffee (max. 20% Ausbeute). In der Fachliteratur wird allerdings beschrieben, dass ein intakter, gut gepflegter und nicht überalterter Kaffee-Strauch bis zu 5 Kg Ertrag an Kaffee-Kirschen pro Ernte-Saison bringen kann.

Schauen wir erneut auf die jüngst veröffentlichten Zahlen für die Ernte 2018 in Burundi. Aus 126.171 Tonnen geernteter Kaffee-Kirschen konnten ca. 20.000 Tonnen Roh-Kaffee (gut 16% des Ernte-Volumens) produziert werden. Dieses Produktionsergebnis ist noch geringer, als die ohnehin schon in der Modellrechnung im Absatz zuvor dargestellte Minimal-Kalkulation. Es zeigt sich allgemein, dass die relativ hohen und angemessenen Ertragswerte der 1980er und 1990er Jahre - insbesondere im Zuge der zurückliegenden Dekade des 21. Jahrhunderts – im Bereich der Kaffee-Produktion in Burundi bei weitem nicht mehr erreicht werden, obwohl doch gerade in diesem jüngst zurückliegendem Zeitraum erhöhte innerstaatliche und internationale Anstrengungen zur Prosperierung des burundischen Kaffee-Sektors unternommen wurden.

Modellrechnung Haushalte / Farmer-Familien

Auch im Falle der mit durchschnittlich 700.000 Haushalte / Farmer-Familien sowie bezüglich der bewirtschafteten Flächen und des Kaffee-Sträucher Bestandes pro Farmer-Familie ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Die genannten 70.000 Hektar Anbau-Fläche im gesamten Land, stellen keine riesigen, in großen Einheiten zusammenhängenden Kaffee-Plantagen dar, sondern es handelt sich um sehr partiellisierte kleine Flächen pro Familien-Betrieb, in vielen Fällen mit einem Ausmaß von nur 1 bis 5 Hektar, wobei größere Anbau-Flächen auch anzutreffen sind.
Seit ca. 2000 bis heute unterliegt der Kaffee-Sektor in Burundi zahlreichen Umstrukturierungsmaßnahmen zum Ziel der Ertragssteigerung und gesteigerter Wertschöpfung. Ein wesentliches Merkmal ist dabei, das Genossenschaftswesen. Zahlreiche kleine Familien-Betriebe haben sich in den jeweiligen Anbau-Regionen über zurückliegende Jahre hinweg zu größeren Einheiten zusammengeschlossen und bilden somit größere und schlagkräftigere Organisationsformen im Bereich der nationalen und internationalen Kaffee-Wirtschaft. Dennoch ist der Gesamtkomplex der Kaffeewirtschaft in Burundi weiterhin ein riesiger Flickenteppich, denn ein gut organisiertes und wirtschaftlich rentables Gewebe.

Angeblich bewirtschaften 700.000 Familien-Betriebe im statistischen Durchschnitt jeweils 200 Kaffee-Sträucher. Über das ganze Jahr hinweg muss die Feldarbeit betrieben werden, was zunächst Kosten in diversen Arbeitsbereichen verursacht. Ertrag und Lohn für die ganzjährige Arbeitsleistung entsteht erst durch die Ernte. Nimmt man auch hier an, dass pro Kaffee-Strauch nur 1 Kg Kaffee-Kirschen je Saison zu ernten sind, würde im Mittel jeder Familien-Betrieb 200 Kg Kaffee-Kirschen ernten können, aus denen dann per Weiterverarbeitung ca. 40 Kg Roh-Kaffee-Bohnen produzierbar sind.
Alle Familien-Betriebe wären somit unter eher niederschwelligen Bedingungen zu einer Produktionsmenge von insgesamt 28.000 Tonnen Roh-Kaffee-Bohnen fähig, aber selbst diese Mindestmenge wird nicht erreicht. In den Jahren 2015 - 2018 z.B. wurden pro Jahr nur zwischen 12.000 und 20.000 Tonnen Roh-Kaffee-Bohnen produziert und exportiert.

Insgesamt fällt auf, dass im gesamten Verhältnis von bewirtschafteter Fläche, Anzahl und Ertragsleistung der Kaffee-Sträucher, Ernte-Menge und Bohnen-Ausbeute bei der Weiterverarbeitung und der Anzahl tätiger Familien-Betriebe eine erhebliche Diskrepanz zwischen den statistischen, wirtschaftlichen Kennzahlen und erwartbaren Erträgen sowie den am Ende tatsächlich produzierten Ertragsergebnissen besteht.

Weiter zu Teil 2: Verarbeitungsprozesse >

1 burundi-eco.com HIER > · burundi-forum.org HIER >

2 a) Coffee kooperatives and Fairtrade certification: a case study in Burundi · Margot Vandorpe 2013-2014 Ghent University
b) Burundi in the Agribusiness Global Value Chain Skills for private sector development · Penny Bamber, Ajmal Abdulsmad, Gary Gereffi Duke University (CGGC)
c) USAID, FAOSTAT