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Kaffee-Produktion in Burundi · Teil 3: Produktionsstrukturen und Genossenschaften

Als recht gut gelungenes Projekt gilt seit 2012 der Aufbau des burundischen Konsortiums der Kaffee-Bauern-Genossenschaften namens COCOCA (Consortium des Coopératives des Caféiculteurs), in der sich nach eigenen Angaben mittlerweile 33 Kleinbauern-Genossenschaften mit insgesamt 27.000 Kaffeebauern zusammengeschlossen haben. Neben den Anbauflächen werden mittlerweile 34 Kaffee-Waschanlagen (engl. CWS, coffee wash station) betrieben.

Von 2012 bis 2018 hat sich der genossenschaftliche Besitz von CWSs nahezu verdreifacht. Der Grund liegt in einem seit einigen Jahren in Burundi laufenden Privatisierungsprogramm bezüglich 185 bisher staatlich betriebenen CWSs. Neben privaten in- und ausländischen Investoren sind auch die klein-bäuerlichen Genossenschaften in den Besitz von Kaffee-Waschanlagen gekommen und können somit weitere Verarbeitungs- und Veredelungsschritte bei der Kaffee-Produktion in die eigenen Hände nehmen und für die Prosperierung ihrer wirtschaftlichen Unternehmungen sorgen. Derzeit verfügen die im COCOCA-Konsortium zusammengeschlossenen Kooperativen über 34 CWSs.

Ein weiterer wesentlicher Schritt zur Weiterentwicklung der genossenschaftlich organisierten Kaffee-Produktion war am 26. Oktober 2016 die offizielle Einweihung einer Kaffee-Fabrik mit Trockenmühle (dry mill) inklusive Lagerhalle und logistisch-steuerungstechnischer Grundausstattung. Gut zwei Fünftel des rund 500.000 US $ teuren Investments wurde in Höhe von 214.000 US $ durch den belgischen King Baudouin Foundation’s Kampani Investment Fund getragen. Den verbleibenden Teil der Horamama Coffee Dry Mill genannten Anlage finanziert das Genossenschaftskonsortium COCOCA unter Begleitung weiterer Partner-Organisationen über eine Laufzeit von drei Jahren aus eigener Kraft. Die jährlichen Betriebskosten sind mit rund 200.000 US $ veranschlagt.

Sitz des Konsortiums der Kaffee-Bauern-Genossenschaften COCOCA ist die burundische Hauptstadt Bujumbura an der Nordspitze des Tansania Sees. Die vor rund zwei Jahren errichtete Kaffee-Fabrik Horamama Coffee Dry Mill befindet sich ca. 95 km weiter nördlich in Ntarambo (Provinzen Kayanza/Ngozi) auf dem Gelände einer ehemaligen Kaffeebohnen-Schälanlage. Die derzeit 33 Kleinbauern-Genossenschaften, die im Konsortium COCOCA zusammengeschlossen sind befinden sich in diesen regional gegliederten Gebieten (COCOCA zählt allerdings nur 30 Betriebe auf):

Nord-Genossenschaften „Intore“ in den Provinzen Kirundo (2), Ngozi (1), Muyiga (2) und Kayanza (6).
Süd-West-Genossenschaften „Agasimbo“ in den Provinzen Rutana (1), Bururi (2) und Rumonge (4).
Zentral-Ost-Genossenschaften „Ingoma“ in den Provinzen Karusi (2), Gitega (2) und Muramvya (2).
West-Genossenschaften „Umuyebe“ in den Provinzen Cibitoke (3) und Bubanza (3).

Im Zuge der ab 1990 einsetzenden Liberalisierungs- und Privatisierungstendenzen in der burundischen Kaffeewirtschaft begannen die Kaffee-Bauern Burundis sich ab Mitte der 1990er Jahre stärker und professioneller zu organisieren und verbandstechnisch zu strukturieren. Zunächst auf unterer Ebene in den regionalen Dörfern und Kleinstädten in den Hochland-Anbau-Gebieten, als so genannte Bergverbände. Hierzu muss man sich vor Augen halten, dass es sich bei den in Publikationen immer wieder genannten 600.000 – 800.000 Kleinbauern im Kaffee-Sektor nicht unbedingt um Einzelpersonen handelt, sondern um kleinteilige Familien-Betriebe oder auch um kommunale „Kiez-Strukturen“ auf regionalen Ebenen, die jeweils sehr kleine Flächen bewirtschaften.

Zugleich fallen in diese Zeit – ab der Liberalisierung der Kaffeewirtschaft in Burundi 1990 bis in die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts - einige Reformen und Umstrukturierungen im Bereich der burundischen Kaffeewirtschaft statt, wie z.B. teilweise Privatisierung von staatlichen Betriebsstätten, besonders von Kaffee-Waschanlagen (CWS, coffee washing stations), verstärkte Genossenschaftsgründungen, engere Zusammenarbeit von NGOs und burundischen Akteuren oder auch die Zurückdrängung des Auktionswesens (Kaffeebörse) im Land zugunsten der Etablierung von direkten Handels- und Verkaufswegen zwischen den Erzeugerbetrieben und Einkäufern von Roh-Kaffee sowie spätere Schritte in Richtung Fairtrade Zertifizierungen und moderneren, biologisch-nachhaltigen Anbau-, Verarbeitungs- und Vermarktungsmethoden.

Im Zuge weiterer Jahre organisierten sich die burundischen Kaffee-Bauern in immer größeren und schlagkräftigeren, gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Organisationen.
2004 / 2005 wurde der nationale Bund der Kaffeebauernverbände "CNAC-MURIMA W'ISANGI" mit dem Ziel gegründet, Kaffeepflanzer auf nationaler und internationaler Ebene zu vertreten, auszubilden, durch Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen und Verwaltungsaufgaben sowie Vermarktungsstrategien zu bündeln bzw. die einzelnen Familien-Betriebe und Genossenschaften intensiver an allen Maßnahmen im Bereich der nationalen Kaffeewirtschaft zu beteiligen.

Parallel dazu kam es auch zu Umstrukturierungen innerhalb der staatlichen Institutionen. Ohne weitere Erläuterungen sind hier einige relevanten Behörden und staatliche Unternehmen lediglich genannt, da die detaillierte Beschreibung im Zusammenhang mit den Privatisierungs- und Deregulierungsentwicklungen im burundischen Kaffeesektor - seit 1990 eher schleppend und ab 2007 intensiviert – den Rahmen dieses Artikel-Beitrags sprengen würde:

ARFIC Autorité de Régulation de la Filière Café und INTERCAFE BURUNDI, administrative Aufsichtsbehörden hinsichtlich Qualitätskontrollen, Verwaltungsaufgaben, Koordination der Kooperativen.
SODECO Société de Déparchage et Conditionnement du Café; Kaffee-Aufbereitung und Verpackungswesen / Lieferlogistiken.
SOGESTAL Société de Gestion des Stations de Lavage du Café; Kaffee-Hamdel und Management, Aufsicht und Management der Kaffee-Waschanlagen.
OCIBU Office du Café du Burundi; staatliche Kaffe-Behörde.

Ein Akteur innerhalb der neu aufgestellten Strukturen ist COCOCA. Laut eigenen Angaben haben die Genossenschaftsbetriebe in den Nord- und Süd-Regionen (siehe Auflistung oben) insgesamt 9.350 einzelne Mitglieder (Stand Jahresbeginn 2018), unter denen der Frauenanteil 23 % beträgt. Detaillierte Angaben der weiteren Mitgliedskooperativen sind auf der Online-Plattform von COCOCA nicht genannt.
Exakte Produktionsdaten sind nur schwer verfügbar, da trotz aller innovativen Anstrengungen der letzten Jahren zahlreiche Online-Präsentationen von burundischen Institutionen bis hin zu staatlichen Behörden technisch-gestalterische Mängel aufweisen bzw. keine oder nur unzureichende statistischen Erhebungen zur Verfügung stellen. In einzelnen Fällen sind genauere Daten jedoch recherchierbar, z.B. für die Erntesaisons 2012 / 2013 und 2013 / 2014. Für die erste Saison werden 324,5 Tonnen und für die zweite Saison 273,7 Tonnen an verkauftem Roh-Kaffee durch COCOCA ausgewiesen (Quelle: Master-Dissertation Margot Vandorpe 2013-2014, Gent University).

Auf den Agrar-Flächen werden vielfach auch andere Agrar-Güter angebaut unter denen die Kaffee-Kirschen bzw. die Kaffee-Sträucher ein Bestandteil sind, aber nicht immer die Haupterwerbsquelle. Denn – wie bei anderen Agrar-Gütern auch – muss die Felder-Wirtschaft das ganze Jahr betrieben werden, während sich dann die Ernte auf nur einen kurzen Zeitraum beschränkt. Bei der Kaffee-Produktion kommt hinzu, dass sie so gut wie nicht der burundischen Eigenversorgung dient, sondern fast ausschließlich dem Export-Geschäft.


Auf den Feldern der hügeligen Höhen Burundis sollen laut FAOSTAT rund 200 Mio. Kaffee-Sträucher stehen, die zur Erntezeit X-mal soviel Kaffee-Kirschen tragen. Milliarden an roten Kaffee-Kirschen. Ein wenig steht jede einzelne auch für die Milliarden und Aber-Milliarden an Blutstropfen, welche die überaus gewalttätige Geschichte Burundis und die seines Nachbarlandes Ruanda in den zurückliegenden Jahrzehnten geprägt haben.